Grundausstellungsraum
Im vorderen Teil dieses Raumes begegnen wir dem sogenannten „lebendigen“ Museum in Form einer Rauchfangkehrerwerkstätte, wie es sie ca. vor 1950 in Wien noch gegeben hat. Eine Schaufensterpuppe in der schweren, ledernen Orginalmontur der Rauchfangkehrer, dem Rußgewand, empfängt den Eintretenden. Daneben eine altertümliche Schreibmaschine (mit der Taste @), einige Stempel und einer schwarzen Schiefertafel die früher vor jedem Kehrbetrieb hing und auf welche die Kundschaft mit Kreide ihre Aufträge schreiben konnte. Drei Geschäftstafeln erinnern an die Rauchfangkehrermeister Dominik Melzer, Johann Fau und Alexander Cecola, eine davon ist eine sehr kostbare Arbeit aus Glas.
Auf einem Regal liegen Drucksorten, alte Kehr- und Kontrollbücher in welche der Rauchfangkehrer seine Arbeit eingetragen hat . Ebenso sind hier die Vorläufer der heutigen Digitalmessgeräte für Rauchgaswerte ausgestellt.
In einem geöffneten Kleiderschrank hängen verschiedene Arbeitsgewänder der Rauchfangkehrer. Auf dem Schrank steht eine hölzerne Statue des heiligen Florian, Schutzpatron der Rauchfangkehrer. Auch das wichtigste Handwerkzeug die Leiter, die Bürste und der Rutenbesen fehlen nicht. Während bei breiteren Rauchfängen die Rundbürste hinunter gelassen wird – die größte hat einen Durchmesser von 80 cm – dient die Stoßbürste zum Kehren von engen Rauchfängen, die von unten gereinigt werden müssen. Für besteigbare Rauchfänge wie Fabriksschlote oder jene im Biedermeier üblichen schliefbaren Rauchfänge, die durch eine große Kamintüre zugängig waren, wurde meistens der Rutenbesen verwendet. Von dem im Museum ausgestellten Rutenbesen fehlen schon einige Äste. Diese wurden als Glücksbringer – Souvenir von den Besuchern mitgenommen und haben diesen auch sicherlich Glück gebracht. Es gibt hier nicht nur eine einzige Bürste, sondern eine beachtliche Sammlung verschiedenster Variationen von Rundbürsten und Eisenkugeln, die unterschiedlich auf die Rauchfangdurchmesser abgestimmte Größen haben. Sie werden von oben in die Öffnung hineingelassen und durch das Gewicht der Kugel hinuntergezogen.
Interessant ist auch der Unterschied von früheren und jetzigen Kehrgeräten. Einerseits die noch im vorigen Jahrhundert verwendete Strohrundbürste mit Eisenkugel, Hanfseil und hölzernem Globenrad, welches das Durchscheuern des Seiles an der Schornsteinkante verhinderte und andererseits die heutige Kupferdrahtrundbürste mit Gummikugel, Nylonseil und einem Kunststoffglobenrad. Zu den alten, heute kaum mehr verwendeten Werkzeugen zählen auch noch das Schereisen zum abkratzen von Hartruß oder Pech und die „Kehrkatze“, eine schwere fast kugelige Bürste zur Reinigung von waagrechten Rohrleitungen, wobei sie an einem Seil von zwei Personen im Rohr hin- und hergezogen werden musste. Zu sehen ist weiters ein Gerät zum Ausbrennen der Rauchfänge, das mit Petroleum betrieben und manchmal auch heute noch verwendet wird. Der Sicherheit der Hausbewohner diente auch ein Feuerlöscheimer, der früher auf jedem Dachboden vorhanden sein musste. Da sich die Rauchfangkehrer vor dem Nachhausegehen immer waschen müssen, steht hier auch noch ein Badeofen mit Brause um 1900. Tatsächlich war dieser Ofen mit seinem kupfernen Warmwasseraufbereitungskessel ein Luxusgegenstand, der in den einfacheren Betrieben kaum zu finden war. Die Rauchfangkehrer mussten schon mit dem damals üblichen Wasserschaff vorliebnehmen.
Schon an der Wende zur Neuzeit gab es Rauchfangkehrer. Das Feuer war das wichtigste Element eines Hausstandes. Wegen seiner Nützlichkeit, aber auch der damit verbundenen Gefahr wurde es sorgsam gehütet. Der ständig geschürte offene Herd diente der Speisezubereitung und gab zur Behaglichkeit der Familie Wärme ab. Mit zunehmender Ausdehnung der Städte seit dem Mittelalter stiegen Zahl und Verantwortung der Schornsteinfeger. Auf einer kleinen Wandtafel erfährt der Besucher, dass bereits am 19. Oktober 1512 Kaiser Maximilian I. Hans von Mailand mit Patent als ersten Rauchfangkehrer für Wien bestellte. Im Jahre 1654 waren bereits sieben Meister urkundlich durch Steuerlisten erwähnt. Auch sie stammten aus Norditalien. Bis 1750 kamen daraufhin über 300 Lehrlinge aus Italien. So entstand im Laufe der Zeit ein Gewerbe, dessen Mitglieder angesehene Bürger waren.
Auf fünf Schautafeln befindet sich eine umfangreiche Sammlung von Neujahrsglückwunschkarten aus den Jahren 1880 bis 1918. Auf jeder einzelnen ist ein Rauchfangkehrer als Glücksbringer, manchmal als Kind, dargestellt. Dieser Aberglaube stammt noch aus dem Mittelalter. Schwarz gekleidete Gesellen stellten Holzkohle her, lieferten an und reinigten die Schornsteine. Rauchfangbrände, die Häuser, Dörfer und ganze Stadtteile vernichteten, zeigten die Wichtigkeit einer sorgfältigen Schornsteinreinigung auf. Der Rauchfangkehrer bannte durch seine Arbeit diese Gefahr und galt daher als Glücksbringer.